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Schärfen

Einer der am häufigsten benutzten und dabei am häufigsten mißverstandenen Nachbearbeitungsfunktionen ist das "Schärfen" - technisch eigentlich "unscharfes Maskieren" oder abgekürzt USM genannt. Die Verwirrung entsteht aus dem fehlenden Verständnis der Unterschiede zwischen Auflösung und Konturenschärfe und was die Parameter (Betrag, Radius, Grenzwert) eigentlich bedeuten. Das hat zur Entstehung von Schärfungstools mit über den Daumen gepeilten Werten geführt, die bessere Ergebnisse liefern, als ein zufällig eingestelltes USM. Allerdings werden die Ergebnisse mit ein bisschen Verständnis des Prozesses immer besser sein, wenn man es selbst macht. Darum wird bei digitalen nicht-Spiegelreflex-Kameras intern viel zu viel geschärft.

Diese Lektion erklärt die Konzepte und den Einfluß von USM auf das Schärfen und beschreibt zwei unterschiedliche Anwendungsmöglichkeiten für die Verwendung des unscharfen Maskierens. Nachdem Sie es einmal getan haben, können Sie die interne Schärfung der Kamera getrost auf den niedrigsten Wert einstellen und die Schärfung später selbst durchführen, was Ihre Fotos sichtbar besser macht und ihnen einen "professionellen Touch" gibt. USM ist der Klassiker unter den Schärfungsmethoden.

Es gibt natürlich noch weitere Möglichkeiten um ein Bild zu schärfen. Die einfachste ist einfach das Ausführen einer Funktion "Schärfen". Hier gibt es allerdings nur geringe Einflußmöglichkeiten und es kann leicht zu einem Überschärfen kommen. Eine weitere Möglichkeit ist das Hochpass-Schärfen. Die Wirkung ist genau entgegengesetzt zur "Gausschen Unschärfe". (Für GIMP ist ein Plugin mit dieser Funktionalität erhältlich). Andere Methoden arbeiten typischerweise mit mehreren Ebenen bzw. Farbebenen, die einzeln geschärft oder sonst wie verändert werden können. Dazu kann man im Internet verschiedene Anleitungen finden.

Hier beschränken wir uns auf USM, das dieses Werkzeug in den meisten Grafikprogrammen zu finden ist und am häufigsten eingesetzt wird.

Schärfung, Auflösung und Konturenschärfe

Wenn wir ein Foto als scharf empfinden, haben wir es genaugenommen mit zwei Dingen zu tun: Auflösung und Konturenschärfe (auch als Kontrast bekannt). Die Auflösung bestimmt den Grad inwieweit kleine Details vom Objektiv/Sensor aufgenommen werden können. Die Konturenschärfe bezeichnet hier den kleinsten Tonwertunterschied, den das Objektiv/Sensor interpretieren kann.

Ein Objektiv/Sensor mit hoher Auflösung aber geringer Konturenschärfe erzeugt Fotos mit vielen Details. Allerdings sind diese Details nicht sonderlich sichtbar, da die vorhandenen Farbtonunterschiede recht gering und somit schwer zu sehen sind. D.h. die Fotos erscheinen verschwommen bzw. "flach".

Ein Objektiv/Sensor mit hoher Konturenschärfe, aber geringer Auflösung erzeugt ein Foto, auf dem die Details gut sichtbar sind. Jedoch gibt es hier nicht so viele Details wie bei einem hochauflösenden, ungenauen Objektiv/Sensor. Diese Fotos können tatsächlich mehr "Biss" haben, schärfer und detailierter aussehen, als die höheraufgelösten aber kontrastarmen Fotos, die durch das oben beschriebene System erzeugt wurden.

Na ja, die Auflösung kann nicht künstlich erhöht werden: Nicht aufgenommene Details können nicht einfach so hervorgezaubert werden. Bei der Konturenschärfe ist das möglich. Genau das macht das unscharfe Maskierent: Es erhöht die Helligkeitsunterschiede zwischen benachbarten Bereichen. Solange das Detail aufgenommen wurde (d.h. der Tonwertunterschied war über dem absoluten für eine Aufnahme notwendigen Minimum) kann man es sichtbar machen.

Somit kann eine vernünftige Anwendung des unscharfen Maskierens die Konturenschärfe eines Fotos erhöhen, womit vorhandene Details einfach nur sichtbarer gemacht werden. Wenn man die Anwendung des USM übertreibt, entstehen Haloes ("Schärferänder"), es kommt zu Treppchen oder anderen unangenehmen Nebeneffekten (die meist nur schwer rückgängig zu machen sind). Deshalb wird in hochwertigeren Kameras intern weniger USM durchgeführt als es bei Consumer Kameras der Fall ist: Der fortgeschrittene Fotograf möchte eher das bestmögliche Orginal aufnehmen. Damit kann er/sie das Foto selbst korrigieren (unter anderem mit USM) um den größten Effekt und die geringsten negativen Auswirkungen zu erreichen. Ein "Consumer" wird vielleicht nicht wissen, wie USM richtig angewendet wird oder will die Fotos überhaupt nicht nachbearbeiten.

Was macht USM?

Das unscharfe Maskieren erhöht die Konturenschärfe eines Fotos, indem der Kontrast zwischen benachbarten verschiedenfarbigen Bereichen erhöht wird (Kontrastschärfe). Das Ausmaß der Änderung ist proportional zum bereits bestehenden Unterschied: Eine vollständig gleichmäßige (-farbige) Fläche erfährt keine Änderung. Ein Bereich mit hohen Kontrasten ändert sich am Meisten. Die Art des unscharfen Maskierens ist durch Parameter definiert: Betrag, Radius und Schwellwert. Der Betrag definiert wie stark USM den Kontrast ändert. Der Radius bestimmt in welchem Umkreis sich USM die Pixel ansieht um die Änderung durchzuführen. Der Schwellwert sagt aus, wieviel Unterschied notwendig ist um eine Änderung durchzuführen. Jeder dieser Werte hat einen ganz bestimmten Einfluß auf das Foto.

Von diesen drei Variablen, ist der Radius das zentrale Element: Es bestimmt den Einfluß, den USM haben wird.

Auf was man achten sollte: Schärferänder, Rauschen und Treppchen

Das unscharfe Maskieren kann bei falscher Anwendung zu einigen unerwünschten Nebeneffekten führen: Es kann Haloes (Schärferänder) erzeugen (meistens helle Umrandungen um dunklere Details) und Rauschen hervorheben. USM mit sehr geringem Radius kann zu Treppchen führen - der Kontrast wird bis zu dem Punkt erhöht, an dem die Details bis auf einzelne Pixel komprimiert werden, die dadurch als Zacken sichtbar werden. Treppchenbildung ist meist nur ein Problem bei solchen Fotos, die für z.B. das Internet verkleinert werden; Fotos in Originalgröße sind für ein Auftreten dieses Effekts nicht scharf genug, bevor das Foto komplett durch Schärferänder ruiniert ist. (Fotos vom Foveon Sensor, sind eine Ausnahme.)

Wenn Sie also Schärferänder, einen starken Anstieg des Rauschens oder Zacken sehen, wissen Sie, dass Sie es zu gut gemeint haben.

In obigem Foto sehen Sie die stark übertriebenen Nebeneffekte von USM. Das (verkleinerte) ungeschärfte Orginal sehen Sie im obersten Streifen. Darunter sehen Sie die "beste" Schärfung, die ich zustande gebracht habe: Das Foto ist scharf und Artefakte sind nicht sichtbar genug um aufzufallen (obwohl Sie welche sehen können, wenn Sie danach suchen). Darunter finden Sie einen Streifen, der mit sehr geringem Radius ziemlich überschärft wurde, was zu pixeligen, scharfen Linien führt. Ganz unten sehen Sie das "klassische" Überschärfen - zu großer Radius, zu hoher Betrag, was zu Schärferändern führt. Vergleichen Sie besonders die beiden schlecht geschärften Bereiche und beachten Sie, welchen Einfluß der Radius auf das Aussehen der Artefakte hat.

Einstellung der Variablen

Je größer der Radius, umso mehr verschiedene Möglichkeiten wird es geben und umso stärker ist der Effekt von USM. USM mit einem Wert von 100 und einem Radius von 2 Pixel wird ein Foto viel stärker beeinflussen, als bei einem Wert von 100 und einem Radius von 0.2 Pixel. Je kleiner der Radius ist, umso größer muß der Wert sein um einen sichtbaren Unterschied zu erzeugen und umgekehrt. Daher ist die erste Sache, die man sich bei der Anwendung von USM merken sollte die, dass der Wert als "lockere Variable" zu sehen ist. Der Schwellwert ist eine weitere lockere Variable: Er verhindert, dass USM Bereiche mit geringem Kontrast verändert. Die Erhöhung des Schwellwerts kann dazu verwendet werden den Effekt der Rauschverstärkung zu dämpfen.

Radius, Wert... und Artefakte

Unscharf Maskieren wird auf jeden Pixel des Fotos angewendet. Sie können sich den Vorgang so vorstellen: Jeder dunkle Pixel "saugt" Farbe aus umliegenden helleren Bereichen ab und das im durch den Radius definierten Bereich. Jeder helle Pixel "saugt" Helligkeit aus umliegenden dunkleren Bereichen ab. Das erklärt das häufigste und unangenehmste Artefakt, das bei USM auftreten kann: Schärferänder. Es zeigt sich als helleres "Glühen" um die dunklen Bereiche herum, oder weniger offensichtlich als dunkle Schatten um hellere Bereiche. USM mit einem zu großen Radius und zu hohen Wert erzeugt solche Ränder. Im Gegenteil es wird sogar das Rauschen verstärken und keinen Effekt auf Bereiche haben, die bereits schon recht scharf sind. Darum:

USM Regel 1: Verwende den kleinstmöglichen Radius...

(... und ändere den Wert, bis es gut aussieht.)

Wenn ein Bild bereits eine hohe Auflösung aufweist, wie z.B. ein Foto, das für das Internet heruntergerechnet (verkleinert) wurde, können Sie ein gutes Ergebnis mit einem extrem kleinen Radius und einem hohen Wert erreichen: Ich verwende normalerweise 0,2 Pixel und 500%, manchmal zweimal hintereinander.

Leider funktioniert das nicht gleich gut bei allen Fotos. Zum Beispiel haben Fotos, die direkt aus der Kamera oder vom Scanner kommen, keine gute Auflösung pro Pixel wie heruntergerechnete Bilder: Wenn man siem sich bei 100% ansieht, erscheinen sie verschwommen und weicher. Daher müssen Sie den Radius bis etwas zum halben "Abstand zwischen dem Verschwommenen" einstellen und entsprechend den Wert anpassen. Für diese Fotos ist ein Radius von 0,7 Pixeln und ein Wert von 115% oder so ein guter Startpunkt... aber achten Sie auf die Schärferänder; Jeder Radius ab 0,5 Pixel kann sie erzeugen.

Also stehen Radius und Wert in Beziehung zueinander: Ändern sie einen von beiden und Sie müssen den anderen entsprechend anpassen um das Foto in ähnlicher Weise zu verändern.

USM Regel 2: Schwellwert so hoch wie möglich einstellen

Der Schwellwert bestimmt den kleinsten Kontrastunterschied, den USM "erfassen" kann. Wenn er auf Null gesetzt ist, wird jeder Unterschied verstärkt. Das hat den Nebeneffekt, dass Rauschen bzw. Körnung verstärkt und somit sichtbarer wird. Da die Empfindung der Schärfe von den Kanten und kontrastreichen Bereichen herrührt, möchten Sie vermutlich den Schwellwert soweit erhöhen, dass das Rauschen unberührt bleibt und das Bild trotzdem optimal geschärft ist. Wenn Sie also einmal den Radius und den Wert für die gewünschte Schärfung eingestellt haben, setzen Sie den Schwellwert so hoch, dass er die Schärfung gerade nicht rückgängig macht.

Wiederholung: Wie mit USM schärfen

Hier ist die übliche Reihenfolge um einen passende Einstellung für die Anwendung von USM auf ein Bild zu finden:

  1. Überlegen Sie, was Sie machen wollen.
  2. Setzen Sie den Wert so hoch, damit Sie die Effekte des Radius sehen können.
  3. Stellen Sie den Radius so ein, dass Sie den gewünschten Effekt erzielen.
  4. Stellen Sie den Schwellwert ein, um das Rauschen zu reduzieren.
  5. Regeln Sie den Wert soweit herunter, bis Sie ein Ergebnis mit akzeptablen Schärferändern oder Treppchen haben

Ein weiter Möglichkeit: Entfernung von Nebel

Unscharf Maskieren kann auch für andere Zwecke als einfach nur das Schärfen des Bildes verwendet werden. Eine Möglichkeit wird mit "Entfernung von Nebel" beschrieben. Es simuliert die optischen Qualitäten von extrem hochwertigen Objektiven, die einen solchen Nebel nicht aufweisen, wie es bei komplexen Zoomobjektiven mit vielen Linsen und Oberflächen häufig auftritt. In diesem Fall versuchen wir nicht kleine Details zu schärfen, sondern den Kontrast zwischen großen Bereichen auf dem Foto zu erhöhen. Sie können das zusätzlich zum normalen, oben beschriebenen Schärfen mit kleinem Radius einsetzen. Hier sind die Einstellungen: Wert etwa 20% (sehr klein) Radius ca. 60 Pixel für ein 5 Megapixel Foto (sehr hoch) Schwellwert 0.

Der auftretende Effekt wird am Besten als "Schrubben" beschrieben. Sie sollten diesen Vorgang vor einer Anpassung der Tonwerte oder Gradationskurven vornehmen, da dadurch das Spektrum des Histogramms aufgeweitet wird und es ansonsten zu ausgebrannten Lichtern oder abgesoffenen Schatten kommen kann. (Siehe Tonwerte für genauere Erklärungen.) Der Effekt ist sehr subtil, aber macht einen Unterschied.

Wann USM anwenden?

Am Besten sollte die Anwendung von "schärfendem" USM das letzte sein, das vor dem Ausdruck oder der Veröffentlichung im Internet passiert. Die Auswirkung von USM kann nicht mehr rückgängig gemacht werden und der notwendige Anteil von USM hängt vom jeweiligen Bild ab. Allerdings sollte das USM zum "Nebel entfernen" als allererstes durchgeführt werden, ansonsten riskieren Sie, dass Lichter und Schatten fehlerhaft abgeschnitten werden.

Aufgaben

  1. Nehmen Sie sich ein Bild. Rechnen Sie es für das Internet herunter und verwenden Sie USM um eine optimale Schärfe zu erreichen. Beschreiben Sie Ihre Einstellungen und wie Sie diese ermitteln haben.
  2. Nehmen Sie sich ein anderes Bild. Verwenden Sie USM um die Schärfe bei orginaler Größe zu verbessern. Schneiden Sie einen (maximal) 400 x 400 Pixel großen Bereich vor und nach dem Schärfen aus. Zeigen Sie diese und beschreiben Sie Ihre Einstellungen und warum Sie diese gewählt haben.
  3. Nehmen Sie sich ein weiteres Bild. Entfernen Sie den Nebel mit USM. Rechnen Sie "vorher" und "nachher" Bilder bis auf auf eine Breite von 400 Pixel herunter, schärfen Sie die "nachher" Version und zeigen Sie sie. Erläutern Sie die Einstellugnen und wie Sie sie erreicht haben.

Hinweis: Bei GIMP ist USM im Menü unter Filter>Verbessern>Unscharf Maskieren zu finden. Gimp bietet auch noch einen weiteren Filter, der auf USM basiert und anscheinend auch bessere Ergebnisse liefert. Zu finden ist er unter Script-Fu>Alchimie>Unscharf maskieren. Allerding kann man hier keinen Schwellwert einstellen.

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▲Ganz rauf▲Letzte Änderung: 2013-10-29 @ 09:54 - Karl Loncarek - Impressum (mit Datenschutzerklärung)
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