<< Schärfen | Workshop | Ebenen und Masken >>
Die erste Lektion zur nachträglichen Bildbearbeitung handelt von der Beeinflussung des Tonwertbereichs und der Tonwertverteilung mit dem Tonwert Werkzeug (siehe Tonwerte). Mit dem Tonwert Werkzeug können Sie den Schwarz-, Weißpunkt und auch den Graupunkt (auch als Gamma bekannt) einstellen. Mit der Möglichkeit diese Einstellungen für jeden Farbkanal gesondert durchführen zu können, ist das meist alles, was Sie benötigen. Es gibt aber Zeiten, da benötigen Sie genauere Kontrolle über die verschiedenen Teile des Tonwertbereichs. Hier kommt das Kurvenwerkzeug ins Spiel. Diese Lektion erklärt, was das Kurven-Werkzeug macht und zeigt anhand dreier Beispiele, wie es effektiv eingesetzt werden kann.
Das Tonwert Werkzeug zeigt Ihnen ein Histogramm mit allen im Foto vorhandenen Farbtönen. Das Kurven-Werkzeug beeinflusst auch den Tonwertbereich. Es gibt hier einen bedeutenden Unterschied: Wenn Sie sich das Tonwert Histogramm ansehen, erhalten Sie bedeutsame Informationen über die Qualität der Tonwerte in diesem Foto, aber das Kurven-Werzeug zeigt Ihnen normalerweise nichts (Bei PhotoImpact XL wird das Histogramm angezeigt, dafür fehlt das Tonwert Werkzeug). Stattdessen zeigt Ihnen das Kurvenwerkzeug, welche Änderungen Sie gerade bei der Tonwertverteilung im Begriff sind durchzuführen.
Die Kurve, die Sie im Kurven-Werzeug sehen, ist eine einfache Grafik der Einganspegel über die Ausgangspegel: Welchen Wert Sie vor der Veränderung und nach ver Veränderung haben. Auf der X-Achse (horizontal) sehen Sie die Eingangs-Tonwerte von links (schwarz) nach rechts (weiß). Auf der Y-Achse (vertikal) sehen Sie die Ausgangs-Tonwerte, von unten (schwarz) nach oben (weiß). Um eine Idee davon zu bekommen, was das heißt, nehmen Sie sich einen Punkt von der X-Achse heraus, ziehen gedanklich eine gerade Linie bis Sie die Kurve schneiden und dann ziehen Sie wiederum eine gerade Linie nach links, bis Sie einen Punkt auf der Y-Achse treffen. Wenn Sie keine Änderungen durchführen, wird jeder Punkt auf der X-Achse auf genau den entsprechenden Punkt auf der Y-Achse treffen und die Kurve wird eine gerade Linie von links unten nach rechts oben sein.
Um also eine Änderung der Farbtonverteilung mit dem Kurven-Werkzeug durchzuführen, können Sie die Fom der Kurve ändern. Damit werden Werte der X-Achse mit anderen Werten auf der Y-Achse in Bezug gebracht, womit die Ausgangs-Tonwerte geändert werden. Wenn Sie einen Bereich der Kurve nach oben schieben, wird dieser Bereich heller. Wenn Sie einen Bereich nach unten ziehen, wird er dunkler.
D.h. der große Vorteil des Kurvenwerkzeugs ist, dass Sie ausgewählte Bereiche aus der Tonwertverteilung verändern können. Nehmen wir zum Beispiel an, Sie haben ein Foto bei einer hohen ISO Einstellung aufgenommen. Sie finden das Rauschen in den dunklen Bereichen unansehnlich, sind aber ziemlich zufrieden mit den mittleren und hellen Farbtönen. Mit dem Kurven-Werkzeug können Sie den äußerst linken Bereich herunterziehen, womit die Schatten dunkler werden und das Rauschen gedämpft wird, während die mittleren und hellen Farbtöne unbeeinflusst bleiben.
In den meisten Situationen haben Sie ausreichend Einflußmöglichkeiten mit dem Tonwert Werkzeug. Dennoch gibt es Situationen in denen es nicht ausreicht.
Lassen Sie uns beispielsweise annehmen, dass Sie ein Foto im Schatten mit einigen hellen Bereichen in vollem Sonnenlicht aufgenommen haben. Sie haben so belichtet, dass Sie keine Details in den hellen Bereichen verloren haben. Das bedeutet, dass die mittleren Töne und Schatten dunkel sind, mit einem scharfen Sprung vom Schatten in die Helligkeit. Wenn Sie es mit dem Tonwert Werkzeug bearbeiten würden, könnten Sie ein schöne Verteilunge der mittleren Töne/Schatten erhalten, indem Sie die hellen Bereiche abschneiden und das Gamma ändern. Allerdings würden dadurch die hellen Bereiche ausbrennen. Auf der anderen Seite, wenn Sie nur den Gammawert verändern, können Sie das Foto aufhellen, aber um die mittleren Töne richtig hinzubekommen, müssten Sie auch die Schatten stark aufhellen. Mit dem Kurven-Werkzeug können Sie die Schatten quasi festnageln, den Kontrast bei den mittleren Farbtönen erhöhen und trotzdem die hellen Bereiche genau so beibehalten.
Fotos mit hoher ISO-Einstellung weisen einiges an Rauschen/Körnung auf. Besonders in den Schatten wirkt das unschön. Sie können diese Fotos stark verbessern, indem Sie die Schatten runterziehen, die hellen Bereiche hochschieben und somit den Kontrast in den mittleren Tonwerten erhöhen. Wenn Sie die Schatten abdunkeln, dunkeln Sie auch das Rauschen ab, womit das Rauschen nicht mehr so störend ist. Dadurch bekommt das Foto ein Aussehen, das einem Dia sehr ähnlich ist.
Die am häufigsten auftretende Kurve, die Sie im Kurven-Werkzeug anwenden werden, wird die S-Kurve sein. In seiner "reinen" Form ändert sich der Mittelpunkt der Kurve nicht, aber Sie ziehen die Schatten links davon herunter und schieben die hellen Bereiche rechts davon nach oben. Diese Kurve behält die durchschnittliche Tonwertverteilung des Fotos bei. Es behält die Details in den Schatten und hellen Bereichen bei, erhöht aber den Kontrast in den mittleren Bereichen, womit das Foto mehr Biss bekommt. Die Farben werden intensiver, die Schatten tiefer und die Lichter heller. Natürlich ist zuviel davon auch schlecht: Übertreiben Sie es und Sie bekommen ein zu kontrastreiches Foto.
Hier ist eine S-Kurve (Bei GIMP unter Werkzeuge>Farben>Kurven; rechter Screenshot):
Die meisten Manipulationen werden mit Varianten der S-Kurve durchgeführt. Wenn das Foto zu dunkel ist, schieben Sie die Lichter weiter nach oben als Sie die Schatten nach unten drücken. Somit wird die Kurve nach links verschoben. Wenn es zu hell ist, tun Sie das Gegenteil. Sie können auch bestimmte Bereiche der Kurve quasi festnageln und damit nur Teile davon verändern. Lasse Sie die Vorschau eingeschaltet, beobachten Sie die resultierenden Änderungen und versuchen Sie es gleich beim ersten Mal richtig zu machen: Die gleiche Problematik des Informationsverlustes durch die "Kammstruktur" gilt hier genauso wie beim Tonwert Werkzeug.
Da Sie das Histogramm normalerweise nicht sehen, wenn Sie die Kurve ändern, ist es im Allgemeinen keine gute Idee den Tonwertbereich mit dem Kurven-Werkzeug zu beschneiden - man kann es sehr leicht übertreiben. Stattdessen sollten Sie zuerst das Tonwert-Wekrzeug anwenden, um das Histogramm zuzuschneiden (aber nicht den Gammawert korrigieren). Anschließend führen Sie die Feineinstellungen mit dem Kurven-Werkzeug durch. Dadurch verlieren Sie ein Minimum an Daten: Das Abschneiden weitet das Spektrum auf, aber verändert oder verschmilzt sonst keine Werte. Somit verlieren Sie nur "leere" Daten. Wenn Sie den Gammawert ändern, werden Teile des Histogramms zusammengedrückt, wodurch Werte miteinander verschmelzen und Information verloren gehen.
Daher sollten Sie zuerst das Tonwert-Werkzeug anwenden, um das Histogramm zuzuschneiden und dann mit dem Kurven-Werkzeug die Feinjustierungen durchführen.
Die einfachste Anwendung des Kurven-Werkzeugs ist die Verwendung einer "einfachen" S-Kurve um den Kontrast des Fotos in den mittleren Farbtönen zu erhöhen, die flach oder ungesätigt aussehen. Fügen Sie einen Haltepunkt zwischen dem linken Endpunkt und dem Mittelpunkt ein und ziehen die Kurve dort etwas hinunter. Fügen Sie einen weiteren Haltepunkt auf der anderen Seite ein und schieben Sie diesen etwas nach oben. Verändern Sie die Einstellung bis Ihnen das Ergebnis gefällt und übernehmen Sie es dann. Das ist alles, was zu tun ist.
Hinweis: Der Effekt ist sehr ähnlich dem was Sie erreichen können, wenn Sie das Histogramm im Tonwert-Werkzeug abschneiden. Wenn das Histogramm an den Enden total flach ist, können Sie das tatsächlich auch mit dem Kurven-Werkzeug machen. Wenn es jedoch nicht vollkommen flach ist, können Sie den Kontrast im Foto nicht erhöhen, ohne Details im Schatten oder den Lichtern zu verlieren. Die S-Kurve ist in dieser Situation sehr hilfreich.
Das Nachdunkeln eines überbelichteten Fotos ist auch als Pullen bekannt. Das tritt ziemlich selten bei digital aufgenommenen Fotos auf, da digitale Kameras dazu neigen die Lichter leicht auszubrennen - wenn ein Foto überbelichtet ist, ist es sehr wahrscheinlich unreparabel. Mit dem Kurven-Werkzeug ist aber eine Korrektur sehr einfach möglich: Schnappen Sie sich den Mittelpunkt der Kurve und ziehen Sie sie nach unten, bis Sie die gewünschte Helligkeit erreicht haben. Dennoch wird das die Lichter zu stark abdunkeln: Fügen Sie einen weiteren Punkt in der Nähe des rechten Endes ein und schieben Sie diesen etwas nach oben und erzeugen damit eine Art verzerrte S-Kurve. Verändern Sie sie soweit Sie möchten und übernehmen Sie die Änderungen, wenn das Resultat Ihnen gefällt.
Das Aufhellen eines unterbelichteten Fotos ist auch als Pushen bekannt. Das ist etwas, das bei der Bearbeitung digitaler Fotos recht häufig eingesetzt wird: Ziemlich oft müssen sie unterbelichten, um die Lichter beizubehalten. Digitale Kameras haben häufig überraschend viele Details in den Schatten versteckt, die Sie durch Bearbeitung der Gradationskurve wieder hervorzaubern können, selbst wenn es als JPG aufgenommen wurde (wobei Sie hier bei RAW einen deutlich größeren Spielraum haben). (Gelegentlich wird das auch als Belichtungsbreite bezeichnet.)
Um die Belichtung zu pushen, schnappen Sie sich den Mittelpunkt der Kurve und schieben diesen nach oben. Häufig wird auch das dunkle Ende zu stark aufgehellt, womit das Rauschen betont wird, was meist bei Fotos mit hohem ISO-Wert auftritt. Um das zu verhindern, fügen Sie einen weiteren Punkt in der Nähe des linken Endes ein und ziehen Sie diesen nach unten. Damit bleiben die Schatten dunkel, aber die mittleren Töne werden aufgehellt.
Letztlich gibt es einige Fotos, die Sie einfach nicht richtig hinbekommen, ohne die Gradationskurve zu ändern. Hier ist ein solches als Beispiel: Es ist das gleiche, dass ich für die Lektion über die Tonwerte verwendet habe.
Das Problem ist, dass die schwarzen Teile des Katzenschwanzes sehr dunkel sind, aber die Nase viel heller ist, als sonst etwas auf dem Foto. Weiterhin hat das Foto einen verschmutzten, gelblichen Farbstich. Es gab also drei Dinge, die ich tun wollte:
Ich habe also folgendes getan:
So sieht die Katze nach den Korrekturen aus:
Hier zum Vergleich das Foto nach der reinen Tonwert-Korrektur:
Vergleichen Sie besonders die Nase und den schwarzen Schwanz. Man erkennt, dass die Lichter im zweiten Foto ausgebrannt sind, wo im ersten die Details noch erhalten bleiben. Außerdem sieht das Kurven-behandelte Foto weniger ausgewaschen aus und enthält dennoch mehr Details im dunklen Schwanz.
Sie können auch extrem feinen Einfluß auf die Farbverteilung mit dem Kurven-Werkzeug nehmen. Durch Änderung der einzelnen Farbkanäle, können Sie einen Weißabgleich nach Ihrem Geschmack für die Schatten, mittlere Töne und Lichter durchführen. Somit können Sie verschiedene Arten von Farbfilm simulieren. Das Prinzip ist das gleiche wie beim manuellen Weißabgleich mit dem Tonwert-Werkzeug:
Mit dem Kurven-Werkzeug können Sie eine Änderung auf bestimmte Bereiche des Farbtonbereichs beschränken. Wenn die Schatten einen Magenta-Stich haben, heben Sie das linke Ende der grünen kurve an. Wenn die Lichter einen Cyan-Stich aufweisen, heben Sie das rechte Ende der roten Kurve an. Bei Problemfällen kann das ein wirklicher Lebensretter sein, aber für Fotos mit korrektem Weißabgleich ist es meistens nicht notwendig.
Die Bearbeitung der Kurven ist einfach. Meistens verwenden Sie das Kurven-Werkzeug um den Kontrast der mittleren Farbtöne zu erhöhen oder um die Belichtung zu "pullen". Denken Sie an folgende Punkte:
<< Schärfen | Workshop | Ebenen und Masken >>