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In den vorigen Lektionen haben wir uns einige allgemeine Prinzipien über das Fotografieren angesehen. Die erste Lektion, Raum-Motiv-Flaeche, hat ein fast überall anwendbares Prinzip vorgestellt, das uns bei der Entscheidung hilft, wo das Motiv im Ausschnitt unterzubringen ist. Bei der zweiten, der Vereinfachung, ging es um das Herausnehmen von Unnötigem und die Konzentration auf das Wesentliche. In der dritten, das falsche Motiv, wurde etwas zu einem Foto hinzugefügt, um es interessanter oder dynamischer zu gestalten.
Die vorhergehenden Lektionen haben das Motiv bzw. das Interessanteste im Foto mehr oder weniger als vorgegeben angenommen. Diese Lektion ist anders: Der Zweck ist Ideen aufzuzeigen "was man fotografieren kann". Nicht auf das Motiv alleine bezogen, sondern nach was man bei Motiven oder beim Bildaufbau Ausschau halten sollte. Um hinter die drei K (Fotos mit Kindern, Tieren oder schönen Frauen werden normalerweise immer gegen jedes Foto ohne sie gewinnen; Fragt Chuck, wofür die drei K's stehen) zu kommen, bleiben wir auf einer etwas abstrakteren Ebene.
Wir werden uns geometrische Elemente ansehen, und wie Sie beim Bildaufbau verwendet werden können.
Geometrische Elemente sind selten sehr gut als Motive geeignet, ob nun als primäre oder sekundäre. Stattdessen spielen Sie eine unterstützende Rolle, indem Sie helfen das Bild zusammenzuhalten. Sie treten meist in drei gemeinsamen und sehr wichtigen Anwendungsformen auf:
1. Als leitende Linie
Die leitende Linie tut genau das, was der Name aussagt: Sie leitet das Auge von einem Teil des Bildes zu einem anderen: Vom Vordergrund zum Hintergrund, vom sekundären Motiv zum primären (aber ganz selten anders herum). Die leitende Linie bringt Bewegung in ein ansonsten statisches Foto und verbindet verschiedene Elemente darin. Diagonalen und Bögen oder andere offene Kurven sind auch gut als leitende Linien geeignet.
2. Als Raumteiler
Der Raumteiler teilt das Foto in definierte Bereiche auf, die in der Wirkung zusammen den Bildaufbau ergeben. Nicht alle Fotos basieren auf Bereichen, aber manchmal können Bereiche einen wirkungsvollen Bildaufbau bewirken, selbst wenn kein klar definierter Punkt des Hauptinteresses vorhanden ist. Dreiecke sind besonders nützlich als Raumteiler, aber andere Elemente (Diagonalen, offene Kurven) können diese Funktion genauso gut übernehmen.
3. Als einrahmendes Element
Das einrahmende Element dient dazu, die Aufmerksamkeit auf das Hauptmotiv zu lenken. Es belegt mindestens zwei Ecken des Bildes und kann gut als Führung in das Bild hinein verwendet werden. Manchmal belegt es selbst den meisten Platz im Foto. Damit das funktioniert, sollte das einrahmende Element eine interessante Charakeristik aufweisen: Eine besondere Farbe, Muster oder Form. Dicke, geometrische Formen sind am Besten als einrahmende Elemente geeignet: Besonders Dreiecke oder Bögen. Normalerweise sollten einrahmende Elemente dunkler und gedämpfter sein als das Hauptmotiv: Sie sollen nicht ablenken, sondern konzentrieren. Auch wenn das Wesentliche beim Foto das einrahmende Element ist, wie es bei einigen Beispielen zum falschen Motiv der Fall ist.
Es handelt sich hier nicht um Mathematik, daher bleiben wir beim Einfachen. Geometrische Elemente sind einfach erkennbare Formen wie zum Beispiel Quadrate, Kreise, Dreiecke, Linien und Kurven. Beim Bildaufbau bieten manche geometrischen Formen mehr Möglichkeiten als andere: Quadrate und Kreise sind zum Beispiel statischer und daher weniger interessant als Dreiecke oder offene Kurven.
Manche geometrischen Formen sind besonders gut für den Bildaufbau geeignet:
Wir werden uns im Folgenden auf diese Formen und deren Verwendung konzentrieren.
Ein Foto mit einem diagonalen Element ist fast immer dynamischer und wirkungsvoller, als das gleiche Foto ohne Diagonale. Wo vertikale oder horizontale Linien den Raum in Bereiche aufteilen, verbinden die Diagonalen. Es ist sogar so, dass die häufigste und effektivste Anwendung der Diagonalen eine leitende Linie ist – etwas, das das Hauptmotiv mit dem sekundären Motiv verbindet. Das führt dazu, dass sich das Auge in den Ausschnitt hineinbewegt. In dieser Funktion können Diagonalen stark für die Perspektive und Tiefe dienlich sein, wodurch ein Foto räumlich wird.
Hier ist ein Foto, das um Diagonalen herum aufgebaut wurde und diese als leitenden Linien verwendet, um räumliche Tiefe zu erzeugen:
Die Linien des eisernen Geländers, der Schienen und der Stromkabel leiten das Auge von der Statue hin zum herannahenden Zug. Das Gefühl der Tiefe, ist durch die geringe Tiefenschärfe zusätzlich betont.
Hier ist ein Foto, das um eine weitere Diagonale herum aufgebaut wurde. Die Diagonale wurde als leitende Linie und als Raumteiler verwendet, aber nicht als ein Indiz für die räumliche Tiefe:
Eine einfache Diagonale ist das am universellsten für den Aufbau eines Bildes einsetzbare Gebilde. Suchen Sie sie und machen das Beste daraus. Da die Diagonale eine Linie ist und häufig mit beiden Enden den Ausschnitt verlässt, ist es wichtig diese Linie zu unterbrechen, um das Auge am Verlassen des Fotos zu hindern. Die Verwendung als leitende Linie vom Hauptmotiv zum sekundären Motiv oder vom Vordergrund zum Hintergrund ist zum Beispiel eine gute Möglichkeit diesem Problem zuvorzukommen.
Ein Dreieck ist eine geschlossene Kurve, die wenigstens eine Diagonale enthält. Da sie geschlossen ist, wird das Auge nicht aus dem Ausschnitt herausgeführt. Trotz allem ist besonders ein gleichseitiges Dreieck viel statischer als eine Diagonale. Das Dreieck alleine, und besonders in der Mitte des Ausschnitts kann zu einem statischen und langweiligen Bildaufbau führen. Manchmal können Dreiecksbereiche für ungewöhliche Fotos sorgen, wie zum Beipiel das nachfolgende:
Dreiecke sind meist schwer zu finden. Anstatt nach ihnen zu suchen, kann ein Dreieck auch abstrakt verwendet werden: Um Ihr Haupt- und sekundäres Motiv im Ausschnitt zu positionieren oder um einen "Rahmen" für das Hauptmotiv zu bilden, indem das Dreieck aus drei bestimmten interessanten Punkten zusammengesetzt wird. Ich hatte beim folgenden Foto Probleme herauszufinden, was ich im Ausschnitt lassen und was ich entfernen sollte. Schließlich bin ich auf folgenden Bildaufbau gekommen:
Ich fand, dass die beiden großen Schüsseln einen dreieckigen Rahmen für die Katze bilden und es "passte einfach dazu":
Der Bogen kann ein wunderbares Element für den Bildaufbau sein. Ungeschlossen kann er als leitende Linie fungieren, die das Auge zum Hauptobjekt hinführt (Foto von Shosta Sulonen)...
... Es kann auch ein Raumteiler ...
... oder ein einrahmendes Element sein, das die Aufmerksamkeit auf das Haupmotiv konzentriert:
Besonders wenn der Bogen asymmetrisch ist, kann er einen dynamischen und interessanten Bildaufbau erzwingen.
Wenn Sie einen Bogen sehen, betrachten Sie die Szene aufmerksam. Versuchen Sie Elemente zu finden, die den (normalerweise) asymmetrischen Bildaufbau ausgleichen, der durch einen Bogen verursacht wird. Versuchen Sie den Bogen auf die bestmögliche Art zu verwenden – nehmen sie ihn nicht einfach nur mit auf das Foto, sondern konzentrieren Sie sich auf ihn und dessen Zweck beim Bildaufbau: Ist er eine leitende Linie, eine Verbindung, ein Raumteiler oder ein einrahmendes Element?
Die S-Kurve ist, na ja, eine Kurve in der Form eines "S". Sie ist einfach Gold wert. Wenn Sie eine sehen, dann wissen Sie, dass Sie ein gutes Foto bekommen werden. Die S-Kurve ist das einzige geometrische Gebilde, das auch alleine als Hauptobjekt verwendet werden kann. Sie kann aber auch als leitende Linie, einrahmendes Element oder auch für fast alles andere verwendet werden.
Hier sind einige wunderschöne Fotos mit S-Kurven von Melanie. Besuchen Sie ihre Webseite. Das erste ist wirklich selten zu finden: einen doppelte S-Kurve, bei der die Kurven zusätzlich nicht ganz in Phase sind: Hinsichtlich Potential für den Aufbau des Bildes, ist diese Szene 24-karätig und Melanie hat die Szene bis zum kleinsten Detail voll ausgenutzt:
und
Beide Bilder © von Melanie Kipp. Nach freundliche Genehmigung verwendet.
Genug gesagt. Wenn Sie eine S-Kurve sehen, machen Sie Fotos wie ein Wahnsinniger. Sie könnten den Gewinner eines Foto-Wettbewerbs in Händen halten.
Machen Sie drei Fotos und verwenden Sie die in dieser Lektion beschriebenen geometrischen Figuren:
Zeigen Sie die Fotos und erläutern Sie sie.
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